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Island im Winter - Tag 4, Tag der Wasserfälle

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Gullfoss

Am nächsten Morgen erstrahlt der Himmel wieder in feinstem Blau. Kaum bin ich aufgestanden, da fällt mir auch schon ein, dass ich nachts einmal wach geworden und zum Fenster gestolpert bin. Ich erinnere mich an leuchtend grüne Schlieren am Himmel über dem Berg...und daran, dass ich mich wieder umgedreht habe, ins Bett gefallen bin, um sofort wieder in Tiefschlaf zu verfallen. Ich war so erledigt, dass mich nicht mal Nordlicht dazu verführen konnte, etwas anderes zu tun, als zu schlafen. Aber: neuer Tag , neues Glück!

Heute stehen zahlreiche Wasserfälle auf dem Programm. Der erste ist nur zehn Autominuten von uns entfernt: Gullfoss, der goldene Wasserfall. Wir sparen uns die Zeit, noch einmal beim Stokkur vorbeizuschauen, denn wir haben viel vor. Unter anderem müssen wir wegen unseres Dacia einen kleinen Umweg über den Ort Selfoss fahren. Die Adresse der Werkstadt in Selfoss ist uns noch am Abend zuvor vom Autovermieter gesimst worden.

 

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Nah dran am Gullfoss.

Im Morgenlicht machen wir uns nach dem leckeren Frühstück und der erneuten Kofferschlepperei auf zum Gullfoss.

Wir fahren vorbei an Schneebergen in einer Landschaft, die auf mich wie eine Tundra im Winter wirkt. Nach kurzer Zeit erreichen wir einen großen Parkplatz. Von dort aus geht es zu Fuß weiter, bis der riesige Wasserfall vor uns auftaucht.

 

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Gullfoss

Der Gletscherfluss Hvitá stürzt hier 32 Meter tief in eine selbst gefräste Schlucht. An den Felswänden sind durch die ständige Dauerberieselung der Gischt und monatelangen Frost irre Eisskulpturen gewachsen. Manche erinnern mich an einen Riesenblumenkohl! Hier hat der Winter sich künstlerisch ausgelebt und meisterhafte Kunstwerke geschaffen. Der riesige Gullfoss liegt noch im Schatten und ganz langsam kriecht die Morgensonne über den Grat.

 

 

Der Gullfoss würde heute wahrscheinlich nicht mehr existieren, hätte sich nicht die Tochter des Bauern von Brattholt, Sigríður Tómasdóttir, für ihn eingesetzt. Im Jahre 1907 wollten britische Spekulanten den Gullfoss für die Energiegewinnung erschließen. Sigríður Tómasdóttir führte vergeblich einen langjährigen juristischen Kampf gegen die Spekulanten. Erst als Sie drohte, sich in die Fluten des Gullfoss zu stürzen, ließen die Engländer von ihrem Vorhaben ab.

 

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Vom Gullfoss aus geht ein Piste ins Hochland weiter, die jetzt im Winter für den Normalverkehr gesperrt ist. Nur mit großen Superjeeps ist das möglich und es werden Ausflüge angeboten.

Wir machen uns auf den Weg zurück am Geysir vorbei nach Selfoss. Heute ist es einfach, auf den Straßen zu fahren, auch wenn sie teilweise dick mit Eisschollen belegt sind. Das Wetter ist herrlich und wir genießen die Fahrt durch die Winterlandschaft Islands!

 

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...am Kraterrand entlang

Unterwegs halten wir an einem Parkplatz an, weil wir viele Menschen auf einen Berg hinaufgehen sehen. Es handelt sich um den Krater Kerið, auf dessen Rand man hinaufgehen kann. Der Kratersee ist jetzt zugefroren und mit Schnee bedeckt, also nur im Sommer zu sehen.

Der Blick vom Kraterrand ist fantastisch, die Ackerei hier herauf hat sich gelohnt!

 

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Kerið
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Aussicht von der Kante des Kerið.
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...und die Ringstraße Nr.1 hat uns wieder!

Als wir Selfoss erreichen, legen wir eine kleine Mittagspause im Auto ein. Heißer Tee aus der Thermoskanne und belegte Bröselbrote, weil, hier bröselt bisher jedes Brot, das wir ausprobiert haben. Dann suchen wir unsere Werkstatt und finden sie auch. Ich schicke Britta vor, sie kann perfekt Englisch, dann brauche ich mich nicht so abhampeln mit meinen eingerosteten englischen Sprachbrocken. Ein großer und kräftiger junger Isländer mit einem Hammer in der Hand hört sich ihren Vortrag über das Getöse unter unserem Auto an und nickt dabei ohne Pause freundlich lächelnd. Nach einem längeren sehr einseitigen "Gespräch" kommt von hinten aus der Werkstatt ein älterer Herr dazu und es dämmert uns, der junge Mann hat kein Wort verstanden!

Britta wiederholt die ganze Geschichte nochmal und der ältere Mechaniker läßt sich unseren Autoschlüssel geben, um eine Proberunde um den Block zu fahren und... wech isser! Wir wollen schon eine Vermisstenanzeige aufgeben, da kommt er wieder auf den Hof gefahren. Es sei alles in Ordnung, der Auspuff ist keineswegs locker, sondern hängt so unter dem Dacia wie es sein soll. Geld will er auch nicht sehen und dankbar und beruhigt verabschieden wir uns.

Gleich neben der Werkstatt befindet sich eine Tankstelle, es ist Zeit, das erste Mal zu tanken. Würden wir ja gerne, aber ich bekomme den Tankdeckel nicht auf! Genauer gesagt, ich bekomme nicht mal den Schlüssel ins Schloss.

In dem Tankstellenshop kann uns leider auch niemand helfen, aber man schickt uns um die Ecke zu einer weiteren Autowerkstatt. Dort treffen wir auf einen sehr ruhigen und netten Mann, der Deckel und Schloss mit (ich glaube) Enteiser einsprüht und Schwups! der Deckel lässt sich problemlos öffnen! Wir fragen ihn auch nochmal wegen des Klapperns unter dem Auto, doppelt hält ja bekanntlich besser, und auch er meint, dass das bei diesen Schnee- und Straßenverhältnissen normal sei. Da sammeln sich allerhand Schneebrocken unter dem Auto an...

Beruhigt bedanken wir uns, auch er möchte nicht entlohnt werden, sooo nette Isländer gibt es hier!

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Seljalandsvoss

Wir tanken nun voll und fahren weiter in Richtung Vik. Nach etwa eineinhalb Stunden auf der Ringstrasse erreichen wir unser nächstes Ziel, den fast direkt an der Straße liegenden Wasserfall Seljalandsfoss.

Zunächst sieht er unscheinbar aus, aber ich habe gelesen, dass man hinter ihm hergehen kann und das soll recht spektakulär sein. Als wir uns dem Wasserfall nähern, nimmt das Eis auf den Wegen immer mehr zu. Es ist wahnsinnig glatt und der Weg hinter den Wasserfall geht bergauf über eine mehr als 10 cm dick vereiste Treppe hinauf.

Ich kämpfe mich mit meinem einen Spike am Schuh hinauf, bis ich hinter dem herabfallenden Wasser stehe. Es ist traumhaft! Wie eine überdimensionale Gardine rauscht das Wasser vor mir herunter, ein Vorhang aus Millionen von Tropfen. Das Rauschen ist laut, der Gischt kann ich hier nirgends entgehen, es ist eiskalt und das Fotografieren ist eine echte Herausvorderung. Die Linse des Objektivs ist voll von Tropfen, die zum Teil sofort gefrieren...ich positioniere das Stativ, dann die Kamera, drücke ab, kann auf dem Display vor lauter Tropfen nix erkennen, positioniere, wische wieder, drücke ab...zum Schluss gebe ich auf und drehe lieber ein Filmchen und genieße das Schauspiel. Hinter dem Wasservorhang sehe ich Möwen, wie sie ihre Nester in der Felswand anfliegen und wieder verlassen. Neben mir steht ein weiterer Fotograf, der ebenso kämpft wie ich, ich glaube auch er hat aufgegeben. Ab heute ist das mein Lieblingswasserfall und er wird es auch bleiben!

 

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Gljúfrabúi

Als ich genug Zeit hinter dem Seljalandsfoss verbracht habe, will ich mich wieder hinunter kämpfen. Das dauert ziemlich lange, denn ein Chinesenpärchen versucht fast vergeblich, sich am Eisgeländer herunter zu hangeln.Unten treffe ich Britta wieder, die sich nicht hinaufgetraut hatte und mir begeistert von einem zweiten Wasserfall berichtet, den ich mir unbedingt anschauen müsse. Ich erzähle ihr ebenso begeistert, dass sie es unbedingt versuchen soll, hinter den Seljalandsfoss zu krabbeln. Also versuchen wir beide unser Glück und ich mache mich auf zum etwa 500m weit entfernten Gljúfrabúi. Von diesem 40 Meter hohen Wasserfall habe ich nie etwas gehört oder gelesen. Also erwarte ich nicht viel, werde jedoch eines Besseren belehrt. Der Gljúfrabúi liegt ganz versteckt hinter einem riesigen Felsen. Um ihn zu umrunden, muss ich von Stein zu Stein hüpfen oder auch schon mal durch das Wasser waten. Dann stehe ich in seiner Gischt fast wie in einer Höhle, unglaublich schön und beeindruckend! Ich habe das Gefühl, jeden Moment spingt eine Elfe hinter einem Stein hervor und tanzt einen mystischen Tanz.

Am Anfang unserer Reise haben wir in einem Gespräch den Begriff "gezielt gesteuerter Tourismus" aufgeschnappt. Hier wird er nun ganz deutlich, denn nicht viele Touristen wissen von diesem Wasserfall und die Isländer haben ihn fast für sich allein. Ein zweites aktuelles Thema scheint hier die Sicherheit an den Sehenswürdigkeiten zu sein. Britta ist unten am Ufer des Seljalandsfoss von einem Kamerateam eines Isländischen Fernsehsenders interviewt worden, eben zu diesem Thema. Im letzten Winter gab es vier Todesfälle von Touristen, die die Gefahren der Natur Islands wohl unterschätzt haben. Island ist eben kein Spielplatz ist, die Natur muss respektiert und beachtet werden!
Leider unterschätzen immer wieder Touristen, das Islands Natur Gefahren mit sich bringt, die einen das Leben kosten kann. Sämtliche Sehenswürdigkeiten Islands sind kostenlos zu besichtigen, viele sind nicht gesichert geschweigedenn an gefährlichen Stellen abgesperrt. Gerade das macht aber Islands Reiz aus, wie ich finde. Und jeder Tourist sollte sich fragen: Muss ich jetzt unbedingt bis an den schneebedeckten Kantenrand der Steilküste oder des Wasserfalls heran gehen? Jedem sollte der gesunde Menschenverstand sagen, was man besser nicht machen sollte.
Das gleiche gilt für den Straßenverkehr. Gestern im Schneegestöber und mit den Windböen auf der Straße zum Geysir haben wir einen Vorgeschmack davon bekommen, was uns in den nächsten Tagen noch blühen kann!

 

Vom Seljalandsfoss aus fahren wir weiter und kommen am Porvaldseyri-Hof vorbei, der unterhalb des Gletschers des Eyjafjallajokull liegt. Auf Hinweistafeln sind Fotos vom Ausbruch des Vulkans im Jahre 2010 zu sehen und es gibt hier ein Visitorcenter, in dem Fotos und ein Film dessen sechswöchigen Ausbruch dokumentieren.

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Sonnenuntergang am vereisten schwarzen Strand südlich des Eyjafjallajökull.
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Skógafoss

Die Sonne geht schon unter, als wir den nächsten Wasserfall erreichen, den Skógafoss.

62 Meter fällt das Wasser fast sanft den steilen Abhang hinunter. Die meisten Besucher sind schon weg. Wir tasten uns am Rande des Flusses über das glatte Eis voran bis zum Wasserfall und genießen seinen Anblick in der einsetzenden Dämmerung.

Wir stehen ganz dicht vor den Wassermassen, die in die Tiefe stürzen und sind überwältigt von der Kraft der Natur! Am Steilhang rechts führt ein Weg hinauf, auch er ist zum Teil vereist und voller Schnee. Dennoch lohnt sich der anstrengende Aufstieg, denn der Blick, den man von hier oben hat, ist grandios!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Anne (Sonntag, 03 April 2016 19:02)

    Liebe Britta,
    ich liebe Wasserfälle - aber diese bizarren Eisformationen machen sie einzigartig.
    Danke !!!

  • #2

    Hannah (Sonntag, 03 April 2016 19:09)

    Und wieder so tolle Einfotos! Und die Wasserfälle erst <3
    Toll!