Nach einer wolkenver- hangenen Nacht ohne Nordlicht erwachen wir mit neuem Tatendrang.
Gestern schon fiel uns der fiese Geruch nach faulen Eiern auf, der hier draußen in der Luft vorherrscht. Ganz extrem wird er, als ich die Dusche aufdrehe. Es kostet mich ein wenig Überwindung, mich unter die Dusche zu stellen und ich benutze wesentlich mehr Seife als sonst!
Dabei denke ich mit Grausen daran, wie wohl der Kaffee schmecken wird...
Erstaunlicherweise schmeckt er wie immer gut. Wenn man hier lebt, riecht man diesen vom Schwefel verursachten "Duft" wahrscheinlich nicht mehr.
Aus unserem Schlafzimmerfenster blicken wir im Osten des Mývatnsees direkt auf den großen Kraterberg Hverfjall (auch Hverfell). Er bildete sich vor etwa 2500 Jahren in gewaltigen Wasserdampfexplosionen, die ausgelöst wurden, als das heiße Magma auf das Grundwasser stieß. Die Lava am Hverfjall ist durch Wasserdampf glasig erstarrt. Am Rande einer mächtigen Wasserdampfsäule, in der nichts absinken konnte, rieselte vulkanisches Material herab, das diesen Tuffring von 1 km Durchmesser und 90-150 m Höhe bildete. Er ist unser heutiges Ziel, wir wollen hinauf und einmal um ihn herum laufen. Wir fahren bis zum Parkplatz in der Nähe und wandern auf den Krater zu. Der Weg führt dann links an ihm vorbei. Wir stapfen mühsam durch den Schnee, der nur teilweise niedergetrampelt ist und überholen eine südamerikanische Großfamilie mit fünf Kindern. Dann geht es steil nach rechts den Berg hinauf. Der Aufstieg ist ein Kampf, ich kann kaum glauben, dass es so anstrengend sein kann, einen kleinen Berg hundert Höhenmeter durch Schnee hinaufzustapfen. Aber es lohnt sich, der Blick ist unglaublich!
Die folgenden Panoramen zeigen den Blick von links nach rechts, bzw. von Süden über Westen nach Norden.
Den Krater zu umrunden, sparen wir uns nun doch. Erstens gibt es keinen zu erkennenden Weg, zweitens wäre es zu mühsam und drittens wollen wir ja noch die Trolle besuchen. ;o) Zurück an der Straße mache ich noch ein weiteres Panoramafoto von dieser wunderschönen Schneelandschaft rund um den Mývatn, bevor wir weiterfahren nach Dimmuborgir:
Dimmuborgir, eine der interessantesten Sehenswürdigkeiten Islands, liegt an der Ostseite des Mývatn. Es handelt sich um ein verwunschenes Gebiet, in dem wahrhaftig Trolle leben sollen! Dimmuborgir ist ein etwa vier Quadratkilometer großes labyrin- thisches Lavafeld, auf dem es nur so wimmelt von mysteriösen Lava- formationen. Die formgebenden Kräfte haben sich hier wie auch an anderen Plätzen Islands voll ausgetobt. Wir spazieren einen kleinen Rundweg entlang durch einen Teil Dimmuborgirs und es fällt uns nicht schwer, Gesichter, Figuren und ja, auch Trolle, zu erkennen, die sich je nach Blickwinkel mal zeigen und wieder verschwinden. Entstanden ist das Lavafeld Dimmuborgir vor zirka 2.000 Jahren aus Feuer und Wasser. An der Stelle von Dimmuborgir gab es damals einen großen See. Dieser wurde bei einer Eruption mit der sogenannten Laxa-Lava überflutet. Das verdampfende Wasser und die Lava schufen Hohlräume und damit diese mystischen Formen.
Und wenn man sehr aufmerksam ist, sieht man hier leibhaftige Trolle durch die Felsen huschen!
Mehrere verschieden lang markierte Wege führen durch das Gebiet, die nicht verlassen werden dürfen. Es besteht die Gefahr, sich in diesem Labyrinth zu verlaufen oder gar in einen Hohlraum einzubrechen. Wir entscheiden uns für eine der kleineren Runden. Im Dezember besuchen die „13 Weihnachtskerle“ Dimmuborgir, denn in Island gibt es auch nicht nur einen, sondern 13 Weihnachtsmänner!
Ebenfalls nicht weit von "unserem" Krater Hverfjall entfernt soll die Höhle oder auch Grotte Grjotagjá liegen. Die Landschaft östlich des Mückensees wird von zahlreichen Spalten durch- zogen, aus einigen von ihnen steigen Dampfwolken auf. Diese Spalten oder auch Verwerfungen zeigen wie auch im südlichen Naturpark Thingvellir, wo wir vor einigen Tagen in der Silfraspalte schnorchelten, den Verlauf der Grenze zwischen den Kontinental- platten an. Teilweise vergrößern sich die Spalten um mehrere Zentimeter pro Jahr. Einige sind mit warmen Grundwasser gefüllt, so z.B. die Grjotagjá. Bis vor einigen Jahren konnte man darin baden, doch die Temperatur ist auf unangenehme 60°C angestiegen und das Baden in ihr ist mittlerweile lebensgefährlich. Wir finden den Eingang zur Grjotagjá, aber er ist leider abgesperrt. Hier ist alles vereist und überall dampft es aus dieser großen, sich weit hinziehenden Spalte. Und nicht nur hier steigen Dampfwolken auf, aus vielen Öffnungen in der Erde der Umgebung raucht es heraus, sehr beeindruckend!
Über Reykjalid fahren wir zurück in Richtung der Passstraße, die wir vorgestern nach dem Blizzard hinunterge- kommen sind. Die Landschaft mit dem kleinen See wirkt heute ganz anders.
Überall dampft es und es stinkt eklig, trotzdem halten wir für einen Fotostopp kurz an.
Durch ein Rohr fließt heißes Wasser in den milchig-türkisblauen See und erzeugt eine riesige weiße Dampfwolke. Der See und die Rohrleitung gehören zum Geothermalkraftwerk Bjarnarflag. Auch wenn es sich bei dem Wasser, das hier in den See fließt, nur um Abwasser des Geothermalkraftwerks handelt, ist es immer noch sehr heiß und nicht zum Baden geeignet.
Weiter geht es nun auf der Ringstraße über den Námaskarð Pass, der über den 374 Meter hohen Berg Námafjall führt. Kurz hinter dem Pass erblicken wir die mit Schnee bedeckte Mondlandschaft von Hverir. Schon am Parkplatz nimmt das beeindruckende Naturschau- spiel alle unsere Sinne in Beschlag! Überall bahnen sich aus Spalten und Steilhaufen mit lautem Zischen und Fauchen weiße Dampfsäulen ihren Weg an die Oberfläche. Über Stege und abgesteckte Wege laufen wir zwischen brodelnden Schlammtöpfen und blubbernden Pfützen entlang und über allem liegt ein Geruch von faulen Eiern. Seid froh, dass es noch kein Geruchsvideo gibt ;o) Die Schuhe sind voll mit schwefelig stinkendem Schlamm, die Gummis der Spikes, die ich noch immer unter meine Schuhe geschnallt habe, sind später teilweise weggeätzt.
Über der Hochebene geht die Sonne unter und zaubert wunderschöne Farben an den Himmel. Wir machen uns wieder auf den Weg zurück an den Myvatn und fahren von der Passhöhe hinunter am kleinen See vorbei.
Heute Abend gehen wir das erste Mal zum Essen aus. Wir sind einfach zu neugierig auf das Lokal Vogafjos Cowshed Cafe, in dem man beim Essen durch mehrere Fenster in den Kuhstall und die Melkkammer hineinsehen kann, eine geniale Idee, wie wir finden!
Während man auf das richtig gute Essen wartet kann man sich die Zeit beim Shoppen vertreiben, denn ein Geschäft für Schuhe und Islandpullover befindet sich ebenfalls im Restaurant. Außerdem hat man einen fantastischen Blick auf den Mückensee.
Kaum sind wir zurück in unserer Hütte, beginnt auch schon wieder das Nordlicht. Es sind zwar schon Wolken am Himmel und es soll sich wie gestern schon gegen zehn Uhr zuziehen, aber noch können wir Polarlicht genießen!
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