Zunächst dachte ich, einen Besuch auf Alcatraz könnte ich mir sparen, aber dann entschloss ich mich doch, die Gefängnisinsel mit einzuplanen. Zum Glück, denn diese Tour lohnt sich wirklich!
Schon drei Monate vorher buchte ich die Eintrittskarten inkl. Fährüberfahrt und zwar die "Early Bird Tour", weil ich dann zu den ersten Touristen des Tages auf der Insel gehören würde. Es stellte sich als richtig heraus, so früh gebucht zu haben, denn an dem Tag waren sämtliche Touren ausgebucht.
Die Tour ist super organisiert und wahnsinnig spannend gemacht! Jeder Besucher kann sich soviel Zeit nehmen wie er mag und bekommt einen Audioguide in seiner eigenen Sprache ausgehändigt.
Diese Audioführung ist gespickt mit vielen kleinen und spannenden Geschichten und Anekdoten über die teilweise berühmten Häftlinge, das alltägliche Leben der Gefangenen und der Wärter und die diversen Ausbruchsversuche. Das Ganze wird untermalt mit Geräuschen und Musik, ist genial gemacht und sehr kurzweilig. Die Atmosphäre auf dem Gelände, sowie die Aussicht auf San Francisco und die Golden Gate Bridge waren einzigartig.
Die Fährüberfahrt dauert nur eine Viertelstunde, aber zur Einstimmung gibt es schon reichlich Schauergeschichten zu hören. In Erinnerung geblieben ist mir die von John Paul Scott, der sich mit aufgeblasenen Gummihandschuhen in die Fluten des Pazifiks stürzte, halb erfroren am Festland gefunden und umgehend auf die Insel zurück geschickt wurde. Der Arme kann einem noch nachträglich fast leid tun....
Im Januar 1934 wurde das Bundesgefängnis Alcatraz, das in den Mauern eines alten Militärforts auf der kleinen Insel vor San Francisco untergebracht wurde, eröffnet. Berüchtigt wurde Alcatraz durch „America’s Most Wanted“, die hier teilweise schon im Sommer 1934 wegschlossen wurden – Männer wie Al Capone, George „Machine Gun“ Kelly (beide ganz links im Bild) oder Alvin „Creepy“ Karpis –, populär durch große Hollywoodfilme wie John Frankenheimers Der Gefangene von Alcatraz, Don Siegels Die Flucht von Alcatraz mit Clint Eastwood (dazu später mehr...) oder Michael Bays The Rock mit Nicholas Cage und Sean Connery.
US-Präsident Franklin Roosevelt hatte den vielen Mafiagangs, die seit der Prohibition die USA unsicher machten, den Krieg erklärt. Sein Generalstaatsanwalt Homer Cummings baute die Befugnisse des FBI massiv aus und kündigte die Einrichtung eines "Supergefängnisses" an: Alcatraz.
Nach 29 Jahren ordnete der damalige Justizminister Robert F. Kennedy 1963 die Schließung von Alcatraz an, neun Monate nach dem letzten und Aufsehen erregendsten Fluchtversuch vom 11. Juni 1962 (dazu später mehr...)
Begrüßt wurden wir, gleich als wir die Fähre verlassen hatten, von einem Ranger, der uns die ersten Daten zur Insel lieferte.
Das eiskalte Wasser und die starke Strömung um die Insel herum sollte ein Entkommen der Gefangenen unmöglich mache, Alcatraz galt als absolut ausbruchsicher. Zwölf Ausbruchsversuche von insgesamt 40 Gefangenen hat es gegeben, alle verliefen erfolglos, vermutlich jedenfalls, und manche endeten blutig - auf beiden Seiten. Nur von wenigen hat man die Leichen nicht gefunden... (dazu später mehr..) ;)
Alcatraz wurde mit allen damals zur Verfügung stehenden technischen Raffinessen ausgestattet: Die Tore waren elektrisch gesichert und überall gab es Metalldetektoren, um zu verhindern, dass die Häftlinge Waffen hineinschmuggelten.
Die kalten, monotonen Zellenblocks mit verrosteten Gittertüren sorgen bei mir für reichlich Gänsehaut. Der Knastalltag muss gnadenlos gewesen sein. Alle Häftlinge saßen in winzigen Einzelzellen (1,52 Meter breit und 2,74 Meter lang) und niemand durfte sich auf dem Gelände frei bewegen. Selbst auf dem Weg zur Arbeit wurden die Gefangenen streng bewacht. Ausschließlich in der Kantine und am Arbeitsplatz durfte gesprochen werden, ansonsten gab es strengstes Sprechverbot. Rund um die Uhr brannte das Licht, sämtliche Briefe wurden gelesen und zensiert. Wer nicht spurte, dem drohten mehrere Tage Isolationshaft im Keller.
Hier wurden die Häftlinge in eine der 14 Zellen des D-Blocks eingesperrt. Die Zellen 9-14 wurden „the Hole“ (das Loch) genannt, weil sie keine Fenster hatten und die Dunkelheit die Räume wie ein Loch im Boden erscheinen ließ. Das einzige Licht konnte von den Wachleuten an- und ausgeschaltet werden.
Darwin Coon, ein besonders hartgesottener Bankräuber, wurde 1959 nach Alcatraz verbannt. „29 Tage im Block D, in einer bitterkalten Dunkelzelle ohne einen Lichtstrahl“ gehören zu seinen schlimmsten Erinnerungen. Coon erlebte die Schließung mit, und schrieb später ein Buch über seine Haft.
Obwohl hier alles spannend ist, hat mich diese Zelle Nr. 138 im B-Block am meisten fasziniert. Wer den Film Flucht aus Alcatraz mit Clint Eastwood in der – wohl geschönten – Rolle des Schwerverbrechers Frank Lee Morris gesehen hat, kann das sicher nachfühlen.
Hier in dieser Zelle saß Morris ein. Zusammen mit den Anglin Brüdern (aus den Zellen 150 und 152) floh er am 11. Juni 1962 durch Lüftungsschlitze an der Rückwand der Zellen. Mit Hilfe kleiner Löffel hatten sie monatelang den Zement um den Schlitz herum weggekratzt und so den Weg aus den Zellen frei gegraben. Aus Betonstaub, Seife und aufgesammelten Haaren aus dem "Friseursalon" stellten sie Attrappen ihrer Köpfe her, die sie in ihren Betten unter den Decken plazierten, um so die Wachen beim nächtlichen Durchzählen der Gefangenen zu täuschen. Ihre Abwesenheit wurde dadurch bis zum Morgen nicht bemerkt. Am Ende des B-Blocks kann man den Corridor sehen, den die drei benutzten, um aufs Dach des Zellenblocks zu klettern. Hier entfernten sie eine Lüftungsschachtverkleidung und kletterten auf das Außendach, liefen zur nördlichen Seite des Daches und kletterten an einem gusseisernen Rohr hinunter, welches später aus diesem Grunde von der Gefängnisleitung entfernt wurde. Zuletzt überwanden sie einen 4,57 Meter hohen Zaun und erreichten dann das Ufer. Einer Theorie zufolge haben sie beim Kraftwerk wasserdichte Schwimmwesten zu einem Boot zusammengeklebt und sind darin davongepaddelt. Eine Nachstellung dieser Theorie in der Fernsehserie Myth Busters zeigte, dass man auf diese Weise tatsächlich mühelos und von der Strömung getragen Angel Island erreichen kann. Das FBI behauptete zwar stur, das Trio sei ertrunken, aber die Leichen wurden nie gefunden. Kein Wunder, dass diese Geschichte verfilmt wurde!
Ein pensionierter Kriminalkommissar, der den Fall seit Jahrzehnten untersuchte, präsentierte ein Foto, auf dem die Brüder 1970 in Brasilien zu sehen sind, sowie eine Weihnachtspostkarte, die sie im Dezember 1962 aus der Freiheit abgeschickt hatten. Womöglich leben sie heute, knapp über 80, in Saus und Braus in Rio, wie vor Jahren Posträuber Ronnie Biggs.
Eine weitere Geschichte erschüttert mich sehr. Im Mai 1946 hatten sechs Sträflinge mehrere Aufseher drei Tage lang als Geiseln genommen, um mit einem Transportschiff zu fliehen. Mit Handgranten und Schusswaffen bekämpften Polizei und Marines die aufständischen Häftlinge. Bei der sogenannten Schlacht um Alcatraz starben zwei Gefängniswärter und drei Gefangene.
Der Besucherraum befindet sich hinter dieser Wand mit den Gucklöchern.
Von einer hohen Mauer umgeben liegt draußen der Baseballplatz. Und obwohl es hier still ist, höre ich das Rauschen der Großstadt in der Ferne. Wenn damals am Wochendende an der Küste das Leben tobte, schallten Musik und Lachen der Feiernden herüber und machte den Gefangenen das Leben zusätzlich schwer.
Gegen Mittag verlasse ich Alcatraz und die Fähre bringt mich zu Fishermans Warf zurück.
Zurück in Downtown fahre ich nochmal ne Runde Cable-Car, besuche das Cable Car Museum und den Financial District.
Das kleine und kostenlose Museum in Nob Hill ist etwas Besonderes für alle, die sich schon immer gefragt haben, wie das historische Cable Car System tatsächlich funktioniert.
Drei Cable Cars aus den 1870ern sind ausgestellt. Aber es ist nicht nur eine Reise in die Vergangenheit der Cable Cars. Das Museum ist Teil des Washington-Mason Maschinen- und Waggonhaus, in dem auch die riesigen Kabelzugmechanismen, die das heutige System der Cars mit Energie versorgen, zu finden sind. Ein Cable Car (Kabelbahn) zu fahren ist für den Gripman harte Arbeit. Das Seil läuft in einem Graben unterhalb der Straße entlang und ist endlos umlaufend. Am Ende einer Linie wird der Wagen auf einer Drehscheibe auf der Straße gedreht und kann auf der Gegenfahrbahn mit dem rücklaufenden Seil zurück fahren.
Zufällig komme ich an dem Fairmont Hotel vorbei und mir fällt ein, dass Fernanda erzählt hat, dass man von den oberen Geschossen eine traumhafte Aussicht über die Stadt hat. Also betrete ich spontan das Nobelhotel, marschiere an der mordsgroßen und piekfeinen Rezeption vorbei zu den Aufzügen und fahre nach oben. Die Fahrstuhltür öffnet sich und gleich links befindet sich ein riesiges Fenster. Hier habe ich tatsächlich einen tollen Ausblick über die Stadt bis zu den Twin Peaks und der Golden Gate Bridge in der Ferne!
Ich fahre wieder runter und habe noch keine Lust, das Hotel schon wieder zu verlassen. Es ist riesig und ich erreiche irgendwann einen Flur mit einen Glastür nach draußen in den Garten. Auch von hier aus ist der Blick großartig!
Der zweite Teil des Videos ist leider etwas unscharf geraten...
Am Abend heißt es dann Abschiednehmen: Good bye San Francisco!
Hello Las Vegas!
next day Grand Canyon - my dream come true
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Antje Blume (Donnerstag, 11 Januar 2018 10:13)
Liebe Britta,
ein absolut fesselnder, super interessanter Bericht mit fantastischen Fotos -
ich bin total begeistert!!!
Herzlichst,
Antje